Die Frage nach der Bedeutung von Freimaurersymbolik, aufklärerischen Gedanken und mythologischen Bezügen in der „Zauberflöte“ beschäftigt seit Generationen die Musikwissenschaft. Der Spagat, den die Oper zwischen der Kasperliade des Alt-Wiener Zaubertheaters und intellektuellem Rätselwerk schlägt, macht es aber auch bei jeder Neuinszenierung spannend, wie diese Zwiespältigkeit gelöst wird.
Die „Zauberflöte“ des in London geborenen Regisseurs Henry Mason ist in ihrer Haltung da recht klar – er deutelt nicht viel herum an Logenkult und Ägyptomanie, sondern bleibt beim Märchen. An den ausgespielten Dialogen, die von feiner Klinge bis derben Schmäh alles hergeben, kennt man dem Regisseur seine Sprechtheatererfahrung an – die enge Vertrautheit mit Komödien macht sich genauso bemerkbar und bezahlt wie seine Expertise im Bereich Kinder- und Jugendtheater.
Im Land der Papageientaucher
Wenn hier also Papageno vom Vogelfang singt, dann ist es gleich eine ganze Papageientaucherkolonie, die sich auf der Bühne breitmacht und über die felsige Gegend watschelt, bis der eine oder andere sein Schicksal als Geflügelkeule auf dem Teller der Königin der Nacht beendet. Geführt von sieben Puppenspielern sind die Vögel und eine beeindruckende Riesenschlange auch nur der Anfang einer ganzen Reihe von fantasievollen Figuren der neuseeländischen Puppendesignerin Rebekah Wild.
In der Ausstattung von Jan Meier spiegelt sich die bipolar angelegte Welt des Werks: Die Nachtwelt der Königin ist eine karge Felslandschaft in Blautönen, Sarastros Männerwelt ein Wüstenstaat. Die ebenfalls von Meier gestalteten Kostüme würden sich auch in einer Bewerbungsmappe bei Disney gut machen – der Puffin-Papageno sowieso, dazu eine sternflammende Königin, die Maleficent Konkurrenz machen könnte, und mit Pamina eine Prinzessin, die zeitgemäß emanzipiert auftritt. Tamino ist ein Prinz aus dem Bilderbuch, dem Schwiegermütter ihre Prinzessinnen ungeprüft überlassen würden, und die drei (Wiener Sänger-)Knaben werden mit Puppen gedoppelt, die Antoine de Saint-Exupery gezeichnet haben könnte.
Tanzende Hunde im Tutu
Sarastro wirkt als Diktator einer Bananenrepublik mit orientalisch-kolonialer Eingeweihtenarmee wenig bedrohlich, seine Rottweilerschergen sind kurz ein bisschen unheimlich, werden dann aber zu tutuberockten Balletthunden – ein zeitloser Schmäh (in der Staatsoper tanzen Polizisten), der für Erheiterung und Szenenapplaus sorgt.