Die Zauberflöte geht unter die Haut!
Volksoper: Die Arbeit des oberösterreichischen Regisseurs begeistert mit scheinbarer Naivität und unterschwelligen Botschaften.
Was ist die Zauberflöte? Belangloses Märchen oder gar großes Welttheater? Tiefgehend, den Geist forderndes Freimaurerdrama oder schlicht und einfach das Vorstadt-Unterhaltungstheater, das man damals von einem Schikaneder erwartete?
Für die Wiener Volksoper, wo am Samstag Mozarts „Zauberflöte“ Premiere hatte, wählte Henry Mason den Weg des unterhaltenden Theaters – aber mit Tiefgang und punktgenauen Botschaften. Mason scheut sich nicht, die Dialoge weitgehend vollständig sprechen zu lassen, und legt dabei viel Wert auf Personenführung und intensive Gestaltung dessen, was das Stück ausmacht. Eben eine fantastische Geschichte, die diese Oper weit in die Romantik rückt, und verbunden damit eine überzeitliche humanistische Botschaft. Somit wird das scheinbar harmlose Märchen zum gesellschaftspolitischen Diskurs, und folgerichtig nehmen Tamino und Pamina den goldenen Sonnenkreis als Symbol der überkommenen Macht vom ohnehin zum Abdanken viel zu jungen Sarastro nicht an, sondern lassen diesen in der Schlussszene einfach dumm dastehen. Sie sind die neue Generation, die falsche Traditionen abstreifen möchte. Faszinierend auch der Einsatz der von Rebekah Wild entworfenen und mit ihrem Team grandios zum Leben erweckten Puppen, die einerseits die Tierwelt imaginieren und andererseits Zauberflöte und Zauberglöckchen zum Leben erwecken.
Auch die drei Knaben sind zunächst nur als bewegte Puppen zu erleben und werden erst beim dritten Auftritt im Wechselspiel mit den Puppen „lebendig“. In Masons Inszenierung steckt viel kindliche Fantasie, aber auch viel Intelligenz, ohne dabei die Lust am Zuschauen zu unterbinden.
Musikalisch ist die Produktion sehr ordentlich, was an der temperamentvollen und zügigen Leitung von Anja Bihlmaier liegt, die aus dem Orchester der Volksoper ein feines Mozartensemble formt.
Stimmlich am überzeugendsten ist Stefan Cerny als Sarastro, Martin Mitterrutzner kann bei seinem Tamino bei allem Schöngesang auch kräftig zupacken. Seine Pamina Rebecca Nelsen ist dementsprechend auch nicht nur die lyrisch dahinschwebende Pamina. Anna Siminska ist als Königin der Nacht vielleicht nicht die Stimmgewaltigste, meisterte aber die Koloraturen sicher. Karl Michael Ebner ist der vollkommene Monostatos, Juliette Khalil eine etwas soubrettenhaft schrille Papagena und Jakob Semotan eigentlich eine Idealbesetzung für den Papageno. Auch die anderen Rollen und der Chor tragen zum großen Erfolg bei.
Fazit: Eine Zauberflöte, die aufgrund ihrer scheinbaren Naivität begeistert und viel an Weisheiten zu vermitteln hat.