Märkische Allgemeine
Musikalische Schätze
Anja Bihlmaier dirigiert die Brandenburger Symphoniker. Quelle: JACQUELINE STEINER
Brandenburg/H
Aus dem Dämmerlicht ihres Komponistinnen-Daseins haben am Wochenende die Brandenburger Symphoniker mehre Künstlerinnen in ihrem 5. Sinfoniekonzert ins rechte Licht gerückt. Das Programm bot Werke von Frauen, die im 19. und 20. Jahrhundert lebten.
Der Weltfrauentag, der sich am 8. März zum 100. Mal jährte, gab dazu die Anregung – hoffentlich nicht nur einmal im Jahr. Noch immer erklingt Musik von komponierenden Frauen zu selten im Konzertsaal. Nicht nur in Brandenburg, obwohl die Symphoniker darin hin und wieder nicht untätig waren.
Chefdirigent Peter Gülke gab eine Einführung in das Konzert. Er hat seinen Vertrag mit dem Theater um ein Jahr, bis 2020, verlängert.
Musikalische Schätze
Welch musikalischen Schätze haben beispielsweise Fanny Hensel, die Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, Clara Schumann, Emilie Mayer und Grazyna Bazewicz ihrer Nachwelt hinterlassen. Dies wurde von den Symphonikern unter der Leitung der Dirigentin Anja Bihlmaier, die zuletzt am Theater in Kassel tätig war und derzeit freiberuflich tätig ist, sowie von der japanischen Pianistin Aya Ishihara eindrucksvoll hörbar gemacht. An diesem Abend hatte jedoch nicht das Orchester das erste Wort, sondern Aya Ishihara mit einem Solostück für Klavier von Fanny Hensel.
Die Pianistin Aya Ishihara beim 5. Sinfoniekonzert. Quelle: JACQUELINE STEINER
Aus dem Zyklus „Das Jahr“ spielte sie den „März“, eines von zwölf Charakterstücken mit Stimmungsbildern der einzelnen Monate. Im „März“ feiert die Komponistin das Osterfest mit dem Choral „Christ ist erstanden“. Der Zyklus erschien jedoch nie im Druck. „Für eine Frau würde sich das nicht schicken“, so die Begründung. Beherzt in der Tempowahl und mit feiner Dynamik ging die Pianistin das Stück an und beschwor mit ihren klugen Phrasierungen die poetische Kraft dieser emotionalen Musik.
In Romantik „baden“
Danach hatten nur die Streicher das Sagen. Unter der Leitung von Anja Bihlmaier spielten sie couragiert das Konzert für Streichorchester der Polin Grazyna Bazwewicz, die zu den interessantesten Komponistinnen des 20. Jahrhunderts gehört. Neobarocke und neoklassizistische Einflüsse sowie metrische Wechsel beherrschen das Werk. Sie traten durch das plastische Zusammenspiel der Musikerinnen und Musiker mitreißend zutage. Bei der anschließenden Wiedergabe von Clara Schumanns Klavierkonzert in a-Moll op.7 und der Symphonie in f-Moll Nr. 5 von Emilie Mayer konnte der Zuhörer wieder in der Romantik „baden“.
Dann beherrschte Aya Ishihara gemeinsam mit dem Orchester das Podium. Die Pianistin hat das Klavierkonzert sehr differenziert behandelt: mit feinsinnigen Lyrismen im zweiten Satz, die im Dialog mit dem sensibel musizierenden Cellisten Robert Friedrich erklangen, oder mit Virtuosität, die nicht vordergründig dargestellt wurde. Aya Ishihara konnte sich auf die aufmerksame Partnerschaft Anja Bihlmaiers und des Orchesters gut verlassen. Als Zugabe wählte die Pianistin eine Romanze für Violine und Klavier von Clara Schumann. Hierbei vernahm man ihre besonderen Qualitäten als Kammermusikerin. An ihrer Seite stand Konzertmeister Andreas Preißer, der mit brillantem Geigenton für sich einnahm.
Überraschte Zuhörer
Von der unbekanntesten Komponistin des Konzerts, der aus Mecklenburg stammenden Emilie Mayer, die in Berlin schlecht und recht ihr Komponistinnen-Dasein bewältigte, erklang die Sinfonie in f-Moll Nr. 5. Große Melodiebögen beherrschen das Werk, auch ein launiges Scherzo und ein markantes Finale waren zu hören. Der zwischen Spätklassik und Romantik angesiedelten Sinfonie nahm sich Anja Bihlmaier mit großer Liebe und Souveränität an. Ihre stets freundlich wirkende Art auf die Musikern einzugehen sowie die nie dick aufgetragene Wiedergabe gab einen erweiterten Blick in die Zeit der Romantik frei, von dem die Brandenburger Zuhörer regelrecht überrascht waren.
Von Klaus Büstrin